Die Print-Auflagen schrumpfen und schrumpfen. Jahrzehntelang etablierte und beliebte Zeitungen wie aktuell der Wochenkurier in Sachsen verschwinden vom Markt. Streamingangebote werden dem Linear-Fernsehen oder dem Rundfunk vorgezogen. Mit Online-Journalismus Geld zu verdienen, ist schwer. Aber es geht. Wie, war eins der vielen Themen auf der Digitalkonferenz „Besser online“ 2025 in Leipzig. Politik, Künstliche Intelligenz und Big Tech natürlich auch.
2018 hatte die Fachtagung erstmals in Ostdeutschland stattgefunden. „Raus aus dem Jammertal – unbequem, aber reizvoll“, überschrieb ich damals meinen Bericht. Nüchternes Fazit: Gejammert wird in der Branche immer, vielleicht etwas weniger als früher. Aber mehr Menschen resignieren. Journalistisch Tätige werden bei ihrer Arbeit behindert, bedroht, angefeindet oder gar angegriffen. Das ist gefährlich. Für die Gesellschaft und für die Demokratie. „Laut. Mutig. Unverzichtbar.“ war deshalb die 20. „Besser online“ überschrieben.
Man kann über die Entwicklungen wettern und verzweifeln. Man kann aber auch Konstruktives entgegensetzen. Ingrid Brodnig, Expertin für die digitalen Auswirkungen von Digitalisierung und Debattenkultur aus Österreich, referierte in ihrer Keynote darüber, wie mit „Sinnhaftigkeit und Erklärjournalismus den Krawall-Seiten die Stirn“ geboten werden kann. Bestimmte Signalwörter führen zu mehr Klicks, aber sie polarisieren. Täglich zu beobachten bei Boulevardmedien. Bedachtheit in der Wortwahl ist daher genauso sinnvoll wie Fakten zu prüfen und Geschehnisse einzuordnen.
Ich vertrat die Helpline von Netzwerk Recherche mit einem Info-Stand, konnte aber auch an einigen Sessions teilnehmen.
Von Lilith Grull lernte ich, wie Correctiv.Europe mit datengetriebenen Recherchen (Lokal-)Journalismus und damit die Demokratie stärkt. Zwei aktuelle Beispiele waren Berichte in mehreren europäischen Ländern über Umweltverschmutzung durch Industrieanlagen oder über die Tatsache, dass 47 Millionen Menschen in Europa im Winter frieren, weil sie sich nicht leisten können zu heizen.
Wie lokale Themen Online-Reichweite und Relevanz erzeugen, erfuhr ich von Thomas Wolf. Er hat die Plattform Die Sachsen.de aufgebaut. Statt einem Friedhof unsichtbarer Einzelblogs werden Beiträge an einem Ort zusammengeführt. „Plattformjournalismus funktioniert“, sagt er und Geld lässt sich damit auch verdienen. Zudem wird online aus Regionen informiert, in denen reguläre Medien eingestellt wurden.
Vielfalt in Redaktionen – wollen wir sie wirklich? „Zwischen Haltung und Herausforderung“ war folgerichtig eine von Harriet Langanke moderierte Podiumsdiskussion mit Dr. Iva Krtalic, Beauftragte für Integration und Diversity of Content, und Marc Feuser, Reporter und Autor bei den Öffentlich-Rechtlichen überschrieben. Kurzfazit: Die Haltung sei weitgehend klar, in der Umsetzung gibt es noch Reserven, beispielsweise für Menschen mit Behinderungen, beim Zugang zum Beruf aus finanziellen Gründen oder ohne Studium sowie beim Karriereaufstieg, insbesondere für Frauen.

Medienwissenschaftler Martin Andree
„Willkommen im digitalokratischen Zeitalter.“ Der Satz stammt vom Medienwissenschaftler Martin Andree. Der Professor forscht zur Dominanz der Digitalkonzerne und ihre verheerende Auswirkung auf den Journalismus. In mehreren Büchern beschreibt er die Gefahr von Big Tech für die Demokratie. Statt den Kopf in den Sand zu stecken, empfiehlt er Journalistinnen und Journalisten zu hinterfragen, sich nicht zu beugen und Alternativen zu suchen.
Die Digitalkonferenz „Besser online“ wurde und wird übrigens vornehmlich ehrenamtlich organisiert. Laut. Mutig. Unverzichtbar.
2026 soll sie am 5. September stattfinden.
Foto: Dagmar Möbius