Was sonst noch passierte – ein etwas anderer Jahresrückblick (mit Video)

Nicht alle Termine und Recherchen münden in Veröffentlichungen. Einige erblicken das Licht der Öffentlichkeit nie. Das kann verschiedene Gründe haben. Hintergrundgespräche und Organisatorisches sind notwendig, aber nicht alles hat Nachrichtenwert. Nie können alle Aspekte einer Recherche erzählt werden. Statt eines Rankings blicke ich auf das Jahr 2023 in ungewohnter Art zurück – mit bisher unveröffentlichten Erlebnissen und Erkenntnissen.

 

Die auf den ersten Blick beliebigen Fotos erzählen kleine Geschichten, die im Journalismus als „story behind the story“ bezeichnet werden. Einige machen nachdenklich, manche sind lustig, andere inspirierend.

Januar

In diesem Garten kam 1941 eine junge Frau ums Leben. In Vorbereitung einer von mir initiierten geplanten Stolperstein-Verlegung besichtigte ein Mitarbeiter des städtischen Bauhofes Strausberg mit mir die Gegebenheiten. Das lange verwahrloste Grundstück befindet sich heute in privater Hand. Gunter Demnig verlegte den Stolperstein am 19. Februar 2023 persönlich – eine sehr berührende Begegnung.

Februar

Warfarin ist ein blutverdünnendes Medikament, das in den USA häufig verordnet wird. Je nach genetischer Veranlagung wirkt es bei Menschen unterschiedlich. Studien hatten herausgefunden, dass Warfarin bei Personen asiatischer Herkunft anders wirkt. Um genau dosieren zu können, empfiehlt der Hersteller einen Gentest. Gelernt habe ich das und vieles mehr in der Ausstellung „Von Genen und Menschen. Wer wir sind und werden könnten.“ Sie war bis Anfang September 2023 im Deutschen Hygiene Museum in Dresden zu sehen.

März

„Ungleichheit: Ein Wort, viele Facetten“. So war eine Fachkonferenz überschrieben, die das Netzwerk Recherche im Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung veranstaltete. In Vorträgen und Diskussionen ging es um die Themen Klimaschutz, Justiz, Familie und Gesundheit. Wie haben Medien die Debatte um Hartz IV und Bürgergeld geprägt? Wie berichten Medien über Ungleichheit? Was gibt es Neues in der Ungleichheitsforschung und wie können sich Wissenschaft und Medien besser austauschen? Eindrucksvoll für mich war, wie sich Armutsbetroffene (ja, auch Journalist*innen) gegen Vorurteile wehren.

 

April

1666 gegründet, ist die Universitätsbibliothek der Universität Lund eine der größten skandinavischen Hochschulbibliotheken. Leider hatte sie bei meinem Besuch ebenso geschlossen wie das Medizinhistorische Museum. Dafür ist die schwedische Stadt Lund unbedingt sehenswert, nicht nur die Kathedrale, August Strindbergs Wohnhaus oder der Botanische Garten. Inklusion ist in Schweden absolut normal – ich sage nur: Fußbank vor der Hotel-Rezeption…

Mai

Cholecysmon, Gastrobamat, Pholedrin, Rewodina, Wofacutan. Medikamente, die ich in meinem Erstberuf wie das ganze DDR-Arzneimittelverzeichnis auswendig kennen musste, stehen heute in musealen Vitrinen. Immerhin: einige Präparate wie Bromhexin haben es in gesamtdeutsche Apotheken geschafft. Das private DDR-Museum Dabel in Mecklenburg-Vorpommern würde ich eher als Sammlung bezeichnen. Lohnenswert – nicht nur für Ostalgiker – ist das angeschlossene Café Rondo.

Juni

„50.000 Mark zahlt die Sächsische Bank zu Dresden in Dresden gegen diese Banknote dem Einlieferer.“ Schön wär’s: Der 100 Jahre Geldschein war ein Bodenfund. Leider nicht bei mir.

 

Juli

Unter der Brücke. So könnte die Bildunterschrift lauten. Die Idylle trügt. Es ist ein geschichtsträchtiger Ort. Für mich einer mit Symbolkraft. An der Klinkerhafenbrücke in Lehnitz entstanden neue Businessfotos, made by Steffi Rose.

 

 

August

Das ist mein Lieblingsschnappschuss 2023. Ja, wo schauen sie denn hin? Bei den Flugtagen Bautzen zu spektakulären Kunstfliegern am Himmel.

 

 

September

This is Berlin. Diese drei Herren liefen mir direkt vor die Linse, als ich von der Protestaktion „Rote Karte für die Gesundheitspolitik“ kam. Sie waren Teil eines kleineren Demonstrationszuges in Richtung Brandenburger Tor, von dem ich gerade kam. Mein Beitrag war übrigens der meistgelesenste auf meinem Blog in diesem Jahr. Noch ist der Praxenkollaps nicht abgewendet.

 

Oktober

Am Tränenpalast wollte sich eine Quelle mit mir treffen. Ich wartete eine halbe Stunde, erreichte sie am Telefon nicht. Kalte Füße? Ich ja. Später stellte sich heraus: Die Quelle hatte ihr Handy nicht dabei. Blöd gelaufen.

 

 

November

Revolutionary Romances? Globale Kunstgeschichten in der DDR ist eine Ausstellung, die bis 2. Juni 2024 im Dresdner Albertinum besichtigt werden kann. Im Mittelpunkt stehen freundschaftlich-revolutionäre Beziehungen zu den Ländern des Globalen Südens und damit ein „bisher kaum erforschtes Kapitel der Kunst in der DDR als Teil einer globalen Kunstgeschichte“. Gezeigt werden Kunstwerke aus den 1950er bis 1990er Jahren von Künstler*innen aus der DDR, Kuba, Chile, Vietnam, Indien, Irak, Libyen, Mosambik und Burma (Myanmar). Zahlreiche Exponate behandeln das zeitlose Thema Solidarität. Das Motiv „Gib acht auf den Moment wenn Stolz sich in Verachtung wandelt“ (1990, Offset, auf Alu-Dibond kaschiert) stammt von Barbara Kruger.

Dezember

GDL-Streik, Schienenersatzverkehr, Umleitungen. Normal. S-Bahn-Verspätungen wegen Polizeieinsätzen auch kein Grund zum Aufregen. Leider Alltag in Berlin.

 

Und vieles mehr gebe es zu berichten.

Ich bin dankbar für ein ereignisreiches Jahr und wünsche allen Lesenden, Auftraggebern, Kooperationspartner*innen, an meinen Themen Interessierten und Freund*innen ein gesundes, friedliches Weihnachtsfest und einen optimalen Start 2024!

Fotos: Dagmar Möbius

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